Autoimmunprotokoll? Lieber gesund vegan ernähren! Warum für mich AIP unlogisch und sogar gefährlich sein kann!
Heute schreibe ich mal über ein Thema, bei dem ich mich nicht so objektiv wie sonst ausdrücken kann, da es mich aufregt. Wer den Blog schon länger liest, weiß, dass ich sonst eher typisch norddeutsch und sachlich schreibe – manchmal mit einem Schuss Humor. 😀

Es geht um das Thema Autoimmunprotokoll und Paleo-Ernährung. Das Autoimmunprotokoll beschreibt, welche Lebensmittel angeblich Autoimmunkrankheiten begünstigen und kommt von den Anhängern der Paleo-Ernährung. Über einen Zeitraum von mehreren Wochen, der Eliminationsphase, soll der Teilnehmer nur noch eine bestimmte Auswahl von Lebensmitteln zu sich nehmen, die für den Verdauungstrakt bekömmlich sein soll. Auf diese Weise soll der Teilnehmer herausfinden, ob er Unverträglichkeiten hat. Vor allem sollen Entzündungen im Körper gelindert und geheilt werden. Nach dieser Phase sollen nach und nach andere Lebensmittel wieder eingeführt werden, das ist die Einführungsphase.
Das Autoimmunprotokoll soll vor allem von Menschen mit Autoimmunerkrankungen – wie beispielsweise Hashimoto, Multipler Sklerose oder Morbus Crohn – befolgt werden.
Was darf nicht gegessen werden?
Getreideprodukte, Milchprodukte, Hülsenfrüchte, Zucker und Süßstoffe, Alkohol, Künstliche Zusatzstoffe, Pflanzliche Fette (außer Oliven- und Kokosöl), Junk und Fast Food, Nüsse, Eier, Nachtschattengewächse und deren Gewürze (z.B. Tomate, Aubergine, Paprika, Curry), Samen (z.B. Kaffee, Anis, Chia), Stark fruktosehaltiges Obst.
Milchprodukte, Zucker und Süßstoffe, Alkohol, künstliche Zusatzstoffe, Junk und Fast Food sowie Eier sollte man sowieso nicht konsumieren oder wie beispielsweise Fast Food und Alkohol nur ab und zu, darüber müssen wir nicht diskutieren.
Aber warum Getreideprodukte, Hülsenfrüchte, Pflanzliche Fette (außer Oliven- und Kokosöl), Nüsse, Nachtschattengewächse und deren Gewürze (z.B. Tomate, Aubergine, Paprika, Curry), Samen (z.B. Kaffee, Anis, Chia) und stark fruktosehaltiges Obst nicht? Das mit dem fruktosehaltigem Obst kann ich verstehen, da ist wirklich zuviel Zucker drin.
Was darf gegessen werden?
Gemüse, Fleisch, Fisch und Meeresfrüchte, Obst, Hochwertige Fette (z.B. Olivenöl, Kokosöl), Natürlich vergorene Lebensmittel (z.B. Kombucha)
Entzündungen lindern?
Wer sich wie ich seit vielen Jahren intensiv mit dem Thema Ernährung befasst, regelmäßig aktuelle Studien und Bücher liest, dem stehen die Haare zu Berge, wenn man liest, dass Entzündungen mit Lebensmitteln gelindert werden sollen, die nachweislich gerade diese begünstigen!
Alle (!!) aktuellen Studien zum Thema Arthrose und Rheuma, Morbus Crohn, Colitis Ulcerosa und Diabetes, kommen zu dem Ergebnis, dass eine gesunde vegane Ernährung mit viel frischem Obst, Gemüse, Vollkorn, Hülsenfrüchten, Nüssen und Samen die Beschwerden lindert und sogar zur Remission oder Heilung führen kann. Mir ist noch nicht ein einziger Patient in den Medien begegnet, dem es durch diese Ernährung schlechter ging!
Fleisch
Zu dem Thema könnte ich Romane schreiben, aber ich werde versuchen, mich kurz zu fassen: Ein hoher Fleischkonsum erhöht nachweislich das Risiko für Diabetes und andere Zivilisationskrankheiten, da es unter anderem dazu führt, dass sich im Darm eine ungünstige Darmflora ansiedelt wie in einer Studie herausgefunden wurde.
Sowohl Patienten mit Morbus Crohn als auch Colitis ulcerosa zeigten signifikante Unterschiede in der Zusammensetzung der Darmbakterien bei hohem Fleischkonsum im Vergleich zu den Teilnehmern mit vegetarischer oder glutenfreier Ernährung. Die potenziell entzündungshemmenden Taxa Faecalibacterium und Butyricimonas wurden bei hohem Fleischkonsum reduziert und die entzündlichen Taxa Erysipelotrichaceae und Enterococcus bei den Morbus Crohn-Patienten erhöht.
Wichtig ist vor allem eine Ernährung, die antientzündlich wirkt. Entzündliche Prozesse spielen eine Rolle bei unglaublich vielen Erkrankungen – von Arterienverengung über Diabetes bis zu Rheuma. Auch fast alle der rund 80 bekannten Autoimmunkrankheiten münden in eine chronische Entzündung.
Aber was sollen die Menschen beim Autoimmunprotokoll hauptsächlich essen? Richtig! Fleisch und Fisch!
Finde den Fehler!
Hülsenfrüchte & Getreide
Die Paleoanhänger essen keine Hülsenfrüchte und Getreide, weil sie Phytine und Lektine enthalten. Phytinsäure würde die enthaltenen Mineralstoffe in den Hülsenfrüchten binden und sie somit für unseren Körper weniger verfügbar machen. Sie behaupten, bei Vollwertköstlern, Veganern und Vegetariern werde häufig Zinkmangel diagnostiziert.
Es lässt sich wissenschaftlich nachweisen, dass Vollwertköstler und Vegetarier nicht unter Zinkmangel leiden. So zeigte sich etwa in der Gießener Vollwert-Ernährungsstudie mit Schwangeren, dass Vollwertköstlerinnen sogar besser mit Zink versorgt waren als schwangere Mischköstlerinnen. Ein ähnliches Ergebnis brachte eine Untersuchung mit Vegetariern: Diese hatten eine um 30 Prozent höhere Zinkaufnahme als Mischköstler, was die geringere Zinkverfügbarkeit aus pflanzlichen Lebensmitteln ausglich.
Denn die Randschichten des Getreides enthalten nicht nur Phytinsäure, sondern auch Phytase. Das ist ein Enzym, das die chemischen Verbindungen aus Mineralien und Phytinsäure wieder „knacken“ kann: Zink, Magnesium und Co. werden dadurch frei und können vom Körper aufgenommen werden. Allerdings muss die Phytase dazu erst aktiviert werden: beispielsweise durch Einweichen, Ankeimen oder Teigzubereitung.
Einen guten Artikel dazu könnt ihr bei der Schrot & Korn nachlesen: Entwarnung für Müsli und Co
Gerade Hülsenfrüchte sind sehr gesund und wenn man den Umstieg auf eine vegane Ernährung bei Darmproblemen nicht von einem Tag auf den anderen vollzieht, sondern schrittweise und den Darm an die Hülsenfrüchte gewöhnt, profitiert man hier von Vitaminen und Ballaststoffen bei geringem Fett- und hohem Proteingehalt.
Aufgrund ihres niedrigen glykämischen Indexes und ihres hohen Ballaststoffgehalts können Hülsenfrüchte den Blutzucker bei Typ-2-Diabetes sowohl kurz- als auch langfristig senken. Wer sich ausgewogen ernährt und regelmäßig Hülsenfrüchte verzehrt, reduziert das Risiko, an Typ-2-Diabetes zu erkranken. Mehrmals die Woche oder besser noch täglich Hülsenfrüchte zu essen, wirkt sich auch positiv auf den Blutdruck aus. Dieser Effekt ist hauptsächlich auf den hohen Gehalt an Kalium, Magnesium und Ballaststoffen zurückzuführen. Zudem kann durch den Verzehr von Sojabohnen, Kichererbsen, Linsen und Co. auch der Taillenumfang und das Gewicht reduziert werden. Dies ist dem hohen Gehalt an Proteinen, Ballaststoffen und Kohlenhydraten zu verdanken, die den Blutzucker langsam ansteigen lassen und so ein lang anhaltendes Sättigungsgefühl begünstigen.
Hülsenfrüchten wird häufig nachgesagt, dass durchschnittlich geringere Mengen von einer oder mehreren essenziellen Aminosäuren beinhalten. Nun dem kann man ganz einfach entgegenwirken, indem man diese zum Beispiel mit Reis kombiniert. Millionen von Indern essen zum Beispiel Hülsenfrüchte mit Reis und bleiben auf diese Weise bis ins hohe Alter gesund bei einem guten Körpergewicht.
Hafer
Wenn es um antientzündliche Ernährung geht, ist der im Autoimmunprotokoll verbotene Hafer eine wahre Wunderpflanze. Hafer ist nährstoffreicher als andere Getreidearten. Als Arzneipflanze wird Hafer zum Beispiel bei Diabetes und bei Hautkrankheiten wie Schuppenflechte (Psoriasis) und Neurodermitis eingesetzt. 40 Gramm Hafer enthalten fast acht Mikrogramm Biotin, 0,3 Milligramm Vitamin B1 (ein Viertel des Tagesbedarfs) sowie 60 Milligramm Magnesium und mehr als zwei Milligramm Eisen. In 100 Gramm Haferflocken stecken so viel Zink wie in einem Steak und fast ein Milligramm Vitamin B6.
Studien belegen, dass eine zweitägige Haferkur bei einer Zuckerkrankheit die Halbierung der Insulindosis ermöglicht. Die herabgesetzte Empfindlichkeit der Zellen auf Insulin wird verbessert, sodass der Körper selbst wieder weniger Insulin benötigt, um den Zuckerhaushalt zu organisieren. Diabetiker sollten aber vor einer Haferkur unbedingt mit ihrem Arzt sprechen, damit sie nicht Gefahr laufen, eine Unterzuckerung auszulösen.
Die im Hafer enthaltenen Ballaststoffe, die Beta-Glucane, binden im Darm vorhandene Gallensäure und verbessern den Stoffwechsel und der Cholesterinspiegel im Blut wird gesenkt. Ein hafereigenes Antioxidans, das Avenanthramid, verhindert die Oxidation des LDL-Cholesterins, das für Arteriosklerose verantwortlich ist. Beta-Glucane unterstützen spezielle Abwehrzellen, sogenannte neutrophile Granulozyten.
Nüsse
Dass Nüsse gesund sind, wurde in zahlreichen Studien nachgewiesen. Paleo-Anhänger sind jedoch der Meinung, dass Nüsse ungesund sind, da auch sie einen hohen Anteil an Phytinsäure aufweisen, welches ihrer Meinung nach die Aufnahme von wichtigen Mineralien beeinträchtigen kann. Wie wir ja aber bereits wissen, beeinträchtigt das den Darm kaum und Nüsse bleiben sehr gesund. Wer auf Nummer sicher gehen will, kann die Nüsse über Nacht einweichen, dann geht die Phytinsäure weg.
Paleo-Anhänger sind der Meinung, dass der Mensch seine Omega-3-Fettsäuren lieber aus fettem Fisch beziehen sollte wie Lachs oder Hering anstatt aus gesunden Walnüssen. Wer auf Ethoxyquin, Schwermetalle und alle möglichen anderen Schadstoffe steht, dem wünsche ich guten Appetit beim Fischessen. Alle anderen sollten lieber Nüsse knabbern.
Hier habe ich ausführlich über Lachs geschrieben: Die Gesundheitslüge: “Lachs ist eines der giftigsten Lebensmittel der Welt!”
Nachtschattengewächse
Auf der Homepage der Ernährungsdocs werden für eine Ernährung bei Hashimoto für die Nachtschattengewächse keine Einschränkungen gegeben. Kein Wunder, denn sie gehören zu einer gesunden Ernährung dazu und sind in keiner Weise „giftig“, wie manche Blogs behaupten!
Die Übeltäter sollen Alkaloide der Nachtschattengewächse sein, denn diese sollen Entzündungen hervorrufen und Arthrose und Arthritis verschlimmern. Alkaloide sind ab einer bestimmten Aufnahmemenge für den Menschen schädlich, das ist bewiesen. Aber wie hoch muss dafür die Dosis sein? Fakt ist: Diese Mengen werden bei einem normalen Konsum von Tomaten, Kartoffeln, Paprika usw. nicht erreicht. 2-5 mg Solanin pro Kilogramm Körpergewicht kann akute Vergiftungserscheinungen auslösen. Ein Mensch mit 70 Kilo Körpergewicht müsste dafür fast 2 Kilo Kartoffeln mit Schale (mit einem durchschnittlichen Solaningehalt von 75 mg/kg) essen, um diesen Wert zu erreichen! Wer soll das schaffen?
Es gibt auch keine Studien, die beweisen, dass der Verzicht auf Nachtschattengewächse hilft. Im Gegenteil, die beliebten Nutzpflanzen haben viele positive Inhaltsstoffe:
- Kartoffeln liefern neben Ballaststoffen auch hochwertiges Eiweiß und Kalium. Kartoffeln sollten fettarm als Pell- oder Salzkartoffeln gegessen werden.
- Tomaten haben viel Vitamin C und das Carotinoid Lycopin und unterstützen damit entzündungshemmende Vorgänge im Körper. Außerdem sind sie ein großer Bestandteil der mediterranen Ernährung, die ja nachweislich sehr gesund ist.
- Paprika hat viel Vitamin C und wirkt antioxidativ.
- Auberginen haben viele Anthocyane, was schon durch die dunkle Farbe der schwarz-violetten Sorten angezeigt wird. Sie wirken antioxidativ und antientzündlich.
- Chili enthält Capsaicin, was sehr viele positive Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf-System hat. Man sollte sich langsam herantasten. Ich esse es fast täglich in großen Mengen 😀
Samen
Wie gesund Samen sind, braucht man eigentlich nicht extra zu erwähnen, aber offensichtlich schon. Vor allem wenn es um eine gestörte Darmflora geht, sind Leinsamen und Chiasamen sehr gesund, da die beim Quellen gebildeten Schleimstoffe sich schützend auf die Darmwand legen. Leinsamen ziehen viel Flüssigkeit und bilden Schleimstoffe, die dafür sorgen, dass die Nahrung wesentlich schneller und effizienter transportiert wird. Außerdem schützt dieser Schleim den Magen-Darm-Trakt wie ein Pflaster, was nicht nur bei einem Reizdarm hilfreich ist, sondern allgemein gut für den Darm. Ganz wichtig dabei: sehr viel trinken.
Leinsamen bestehen zu 25 Prozent aus Ballaststoffen. Sie regulieren den Blutzuckerspiegel und schützen vor Krebs. Die Darmbakterien zersetzen die Ballaststoffe unter anderem zu Buttersäure, was sich direkt auf den Cholesterinspiegel und sehr gut auf das Herz-Kreislauf-System auswirkt.
Leinöl besteht zu fast der Hälfte auch Omega-3-Fettsäure α-Linolensäure und der Omega-6-Fettsäure Linolsäure. Zusammen sind sie gut für das Gehirn, den Blutdruck und bei chronisch entzündlichen Krankheiten.
Fazit: Wer unter Autoimmunkrankheit leidet, sollte sich eher an die Ratschläge von Menschen mit gesundem Menschenverstand halten wie beispielsweise die Ernährungsdocs. Wer die Sendung regelmäßig guckt, kann viel lernen. Ich bin mit denen nicht in allen Punkten einer Meinung aber das ist ok. Dafür haben sie schon sehr viel für eine gesunde Ernährung in Deutschland getan und empfehlen den Leuten fast immer, weniger Fleisch zu essen und mehr Gemüse, Vollkorn, Nüsse und Hülsenfrüchte.
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