Wie funktioniert eigentlich das System Milch? Der Filmemacher Andreas Pichler versucht in seinem Dokumentarfilm, die Frage zu beantworten. „Die Milch macht‘s!“ – so lautete in den 80er Jahren der berühmte Werbespruch, der dafür sorgen sollte, den Milchkonsum in Deutschland deutlich zu erhöhen. Auf fast jeder Milchpackung prangt das Bild glücklicher Kühe, doch die Wirklichkeit sieht schon lange anders aus. Aus der Milchviehwirtschaft ist eine milliardenschwere Industrie geworden, die dafür sorgt, dass der Milchkonsum weltweit konstant ansteigt. Viele denken immer noch, dass sie ohne Milchprodukte zu wenig Kalzium aufnehmen.
Vor 8.000 Jahren entdeckten Menschen, dass sie die Milch von Kühen, die gerade ein Kalb bekommen hatten, trinken können, um über magere Zeiten zu kommen. Viele meinen heute, sie komme von glücklichen Kühen auf grünen Wiesen. Das dachte auch Pichler, der als Kind auf der Alm seinen Eltern half, die Kühe zu hüten und zu melken. Er machte sich keine Gedanken darüber, dass Kühe ein Kalb bekommen müssen, damit sie Milch geben.

Wie wurden die Kühe zu Lieferanten für eine hoch technisierte Milchindustrie? Welche Alternativen gibt es? Welche Menschen stehen dahinter? Welche Auswirkungen hat die Milch auf unsere Gesundheit? Der Film wirft einen Blick hinter die Kulissen und lässt die Akteure zu Wort kommen in Europa, Amerika, Asien und Afrika.
Pichler besucht Milchgroßbauern in Deutschland und Dänemark, einen Biobauernhof in Tirol, die großen Milchunternehmen sowie Lobbyisten in Brüssel und reist sogar bis in den Senegal und nach China, welches gerade anfängt, immer mehr Milch zu konsumieren. Er nimmt sich viel Zeit für die Gespräche mit den Beteiligten und lässt unaufgeregt und unkommentiert Aussage neben Aussage stehen. Wir treffen Landwirte, Industrielle, Wissenschaftler und andere Experten, um die Frage zu beantworten, welche weitreichenden Folgen das große Geschäft mit der Milch hat – auf die Tiere, auf die Umwelt und auf uns Menschen selbst.
Weidehaltung für 250 Kühe? Zu kompliziert!
Milch ist heute Big Business und in Europa ein Markt von 100 Milliarden Euro und einer Produktionsmenge von 200 Millionen Tonnen Milch und Milchpulver, welche weltweit verkauft werden. Die riesige Industrie wird von großen Playern in Europa dominiert, die für immer stärkeren Druck bei den produzierenden Milchbetrieben sorgen. Darunter leiden vor allem die Tiere, die häufig gerade einmal fünf bis sechs Jahre alt werden, da dann die Milchleistung nachlässt, sie ausgezehrt sind von der Dauerschwangerschaft und einem Leben, das häufig nur im Stall stattfindet. Es ist zu aufwendig, täglich 250 oder noch mehr Kühe auf die Weide und abends wieder zurück in den Stall zu bringen.
Damit Menschen die Milch trinken können, werden ihnen ihre Kälber nach der Geburt weggenommen. Die männlichen Kälber sind fast nichts wert und werden für wenig Geld an Händler verkauft, die sie an Mastbetriebe weiter verkaufen. Dort dürfen sie ein bisschen größer werden und kommen dann zum Schlachter. Den weiblichen Kälbern droht das gleiche Schicksal wie ihren Müttern. Am Ende der Kette steht der Konsument, der möglichst wenig bezahlen möchte, aber gesteigerten Wert auf beste Qualität legt.
Gras und Soja werden zu Gülle und Milch

Die Hochleistungskuh aus der Milchindustrie braucht inzwischen entsprechendes Futter, um die von ihr erwartete Leistung bringen zu können. Dieses Futter setzt sich zusammen aus einem Drittel Silage, also fermentiertem Heu, und zwei Drittel Soja. Hierfür wird in Südamerika der Regenwald abgeholzt – sogenannte Schattenfutterflächen. Dabei könnte man mit dem Getreide auch ohne Umwege über die Kuh Menschen ernähren.
Zudem können Kühe nur etwa ein Drittel des gefütterten Sojas überhaupt verwerten. Global betrachtet bedeutet das eine unglaubliche Verschwendung. Nicht zu verachten ist auch die Tatsache, dass das importierte Soja zu Gülle wird und hier in Form von Stickstoff auf die Felder gekippt wird. Nitrat wird in den Boden ausgewaschen oder steigt als Lachgas in die Atmosphäre auf, was extrem klimaschädlich ist. Ammoniak steigt als Gas aus dem Boden auf.
Nitrat aus dem Grundwasser wird im Körper zu Nitrit umgewandelt und verhindert den Sauerstofftransport im Körper. Zudem steht es im Verdacht, krebserregend zu sein.
Die Lösung heißt mal wieder regional und Bio

Grimme-Preisträger Pichler zeigt auch Auswege aus diesem System, wie zum Beispiel bei Biobauernhöfen. Im Süden von Tirol hat ein Biobauer den Hof von seinem Vater übernommen und ihn auf biologische Landwirtschaft umgestellt. Er hat eine kleine Herde, die den ganzen Sommer auf der Alm ist und in der Übergangszeit von ihm täglich durchs Dorf auf die Weide getrieben wird. Er sagt, dass seine Tiere jetzt viel älter werden, da sie weniger Milch geben müssen und viel gesünder sind. Er melkt sie selber, produziert daraus Käse und verkauft diesen regional.
Pichler zeigt im Film auch, dass Milch für Menschen ungesund ist. Das System Milch liefert mit seiner Vielzahl an interessanten Informationen einen wichtigen Denkansatz zu einem hochaktuellen Thema. Zuschauer erfahren viel Neues aber die Botschaft des Films ist klar: Die sich nach unten weiter drehende Preisdumpingspirale ruiniert kleine Betriebe, ist eine Qual für die Nutztiere und bringt nur den großen Konzernen einen Gewinn, wobei der Gedanke an Nachhaltigkeit dabei untergeht.
Der Dokumentarfilm zeigt eindringlich die Konsequenzen für Menschen, Tiere und Umwelt auf. Er hat auch einen klaren Auftrag an Politiker aber vor allem an Verbraucher, in einer globalisierten Welt endlich Verantwortung für ihr eigenes Handeln zu übernehmen.
Der renommierte Südtiroler Dokumentarfilmregisseur Andreas Pichler, drehte bisher die Filme „Das Venedig Prinzip“, „Der Pfad des Kriegers“ und „Call Me Babylon“. Er wurde für seine Arbeiten vielfach ausgezeichnet. Das System Milch erhielt dieses Jahr auf dem Fünf Seen Filmfestival den Horizonte-Preis. Der Film erscheint am 5. Oktober 2017 auf DVD sowie Digital.
Wieder mal ein guter Artikel und Hinweis von dir.
Wir Informierte wissen wie schädlich Kuhmilch für Menschen ist. So finde ich es gut, dass hier auch ein Filmer darauf aufmerksam macht.
Gott sei Dank gibt es mittlerweile viele Menschen die aufklären. „Altmeister“ Ruediger Dahlke ist bekannt, hier gibt es auch ein Buch „Die Milchlüge“ https://www.sein.de/die-milchluege-warum-milch-ungesund-ist/ oder Dr. Petra Bracht https://www.youtube.com/watch?v=mi0Ila4JGoc
Tja, das Wissen ist da. Wir können es nutzen.
Moin Volker,
vielen lieben Dank für deinen netten Kommentar 🙂
Ja, das Wissen ist da, aber leider wollen viele Menschen die Wahrheiten nicht hören bzw. behaupten dann, dass diese nicht stimmen, die Studien falsch sind, blablabla. Zum Beispiel bekomme ich selbst von Veganern gesagt, dass die Fakten aus dem Film What the Health nicht stimmen können und tendenziös seien!
Aber keiner von denen macht sich die Mühe, die Studien alle zu lesen und sich selbst ein Bild zu machen. Meckern ist ja einfacher!
Naja, wir können schon froh sein, dass es diese Diskussion inzwischen überhaupt gibt! In ein paar Jahren sieht die Sache vielleicht schon wieder ganz anders aus und die Menschen sind offener für solche Fakten 😉
Liebe Grüße,
Katrin